Dieser Mann weiß, wie man gut schläft
Der Mediziner Ingo Fietze hat 1989 das erste Schlaflabor an der Charité Berlin gegründet und leitet dort seit 2005 das schlafmedizinische Zentrum. Zudem berät er das deutsche Olympiateam der Leichtathleten und das Berliner Staatsballett zum Thema Schlaf. Er weiß, wie wichtig Schlaf für die tägliche Arbeit ist, warum Schlafstörungen in Deutschland so selten behandelt werden und wie man am besten zur Ruhe findet.
ZEIT ONLINE: Angenommen, morgen steht ein wichtiger Arbeitstermin oder ein sehr voller Arbeitstag an und man liegt nachts stundenlang wach – was kann man dagegen tun?
Ingo Fietze: Vor Aufregung nicht schlafen zu können, das kann jedem mal passieren. Wenn das häufiger vorkommt, könnte es sein, dass man ein sensibler Schläfer ist. Manche schlafen abends einfach ein, egal, ob sie sich ärgern oder der Partner schnarcht. Andere können von Geburt an nicht gut schlafen, wenn das Licht brennt oder das Bett zu hart ist. Viele Menschen werden auch erst im Alter schlafsensibel. Das ist noch keine Krankheit, sondern eine Eigenschaft wie empfindliche Haut. Wer mal nachts wach liegt, soll entspannen und abwarten, bis er wieder müde wird. Wenn es dauerhaft vorkommt, muss man sich aber Hilfe suchen.
ZEIT ONLINE: Oft kommt zu der Aufregung auch der Druck, schnell einschlafen zu müssen, um am nächsten Tag fit zu sein. Dann wälzt man sich vor einer Frühschicht im Bett und rechnet ständig nach, wie viele Stunden bis zum Weckerklingeln bleiben.
Ingo Fietze, geboren 1960, leitet das schlafmedizinische Zentrum der Charité in Berlin. Er gehörte zum Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin und ist Vorsitzender der Deutschen Stiftung Schlaf sowie des Vereins Deutschland Schläft Gesund.
Fietze: Wenn Sie ständig auf die Uhr schauen und zusehen, wie Ihnen nur noch vier, nur noch drei, nur noch zwei Stunden Schlaf bleiben, dann wird das nichts. Erwartungsdruck ist ein Schlafgegner. Man hat ohnehin nur circa alle zwei Stunden ein 30-Minuten-Fenster zum Einschlafen. Wir werden alle 90 bis 100 Minuten müde, und dann kommt es darauf an, diese Gelegenheit zu nutzen.